Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)
Der Professor für Politikwissenschaft an der FU Berlin Hajo Funke, bei dem ich vor 20 Jahren einmal Doktorand war, bevor ich nach Österreich ging, hat in einem sehr interessanten Gespräch mit der Deutschen Welle klar gemacht, warum das „Manifest für Frieden“ von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht so enorm bedeutsam ist. Funke ist sehr besorgt über die Situation in der Ukraine. Er möchte, dass das Blutvergießen endet. Am Ende, egal ob nach einem langen Blutvergießen oder früher, stehen in jedem Fall Verhandlungen. Er wendet sich gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands, so wie es das Manifest für Frieden, das ich auch unterschrieben habe, ebenso tut.
Es ist aber, so Funke, seit John F. Kennedy und der Kuba-Krise klar, dass eine Atommacht nicht besiegt werden KANN. Eine Demütigung würde einen Atomschlag provozieren. Das wollen offenbar Scholz, vor allem aber Baerbock, Victoria Nuland und Boris Johnson. Wer von der NATO nicht reden will, soll vom Ukraine-Konflikt schweigen. Ironischerweise, auch darauf weist Funke hin, ist das Pentagon skeptischer als Biden… weil Experten halt doch wissen, dass dieser Krieg von der Ukraine nicht gewonnen werden kann und das auch kein Ziel sein kann.
Freundinnen und Freunde der Ukraine wollen eine Eskalation nicht.
Also: Es muss sofort um Verhandlungen um eine Friedenslösung gehen.
Wie Funke sagt: Lasst unter UN-Aufsicht die vier Oblaste und die Krim in Volksabstimmungen entscheiden, ob sie zur Ukraine oder zu Russland gehören wollen – oder die kommunistische Weltrevolution anstreben, würde ich hinzufügen.
Stoppt den Kriegdiskurs in Deutschland!
Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und für Verhandlungen.
Über 600.000 Menschen haben in wenigen Tagen die Resolution „Manifest für Frieden“ unterschrieben.
Die Resolution „Manifest für Frieden“ macht Furore wie kein anderer Vorgang seit dem Ende des Corona-Regimes. Die Medien und die Politik haben Panik – vor dem Frieden!!
Wenn im Ukraine-Konflikt jemand „rechtsoffen“ ist, dann der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland Melnyk. Er hat in München Blumen am Grab eines Antisemiten und Nazi-Kollaborateurs wie Stepan Bandera abgelegt und sich geweigert, sich vom Antisemitismus von Bandera zu distanzieren. Viel „rechtsoffener“ für Nazi-Kollaborateure kann man kaum sein. Melnyk wurde für seinen Liebe zum Antisemiten Bandera von Selensyki zum stellvertretenden Außenminister der Ukraine in Kiew befördert und keineswegs abgestraft, nur weil er nicht mehr Botschafter in Deutschland ist. Seine Hetze sprudelt weiter ungehindert aus ihm.
Darauf weist Sahra Wagenknecht heute in ihrem Video hin:
In meinem neuen Buch, das in wenigen Wochen erscheinen wird, heißt es:
Die jüdische Zeitung Forward hat eine umfangreiche Forschung des Journalisten Lev Golinkin[1] publiziert,[2] indem er das Gedenken an Antisemiten, Nazikollaborateure und Judenmörder weltweit dokumentiert. Die Ukraine hat ein besonders langes Kapitel. So heißt es über Stetsko:
„Ternopil — A bust of the genocidal Yaroslav Stetsko (1912–1986), who led Ukraine’s 1941 Nazi-collaborationist government which welcomed the Germans and declared allegiance to Hitler. A rabid antisemite, Stetsko had written[3] ‚I insist on the extermination of the Jews and the need to adapt German methods of exterminating Jews in Ukraine.‘ Five days prior to the Nazi invasion, Stetsko assured[4] OUN-B leader Stepan Bandera: ‚We will organize a Ukrainian militia that will help us to remove the Jews.‘“
Stetsko schrieb: „Ich beharre auf der Vernichtung der Juden und wir müssen die deutschen Methoden der Ausrottung der Juden in der Ukraine übernehmen“.
Jeder einzelne Mensch in Deutschland, der Ukraine, den USA oder England etc. pp, der oder die sich unerbittlich hinter die Ukraine stellt, Panzer und am besten Kampfjets und Atomwaffen schicken möchte, stellt sich hinter diesen Antisemiten Stetsko, der zur „Vernichtung der Juden“ aufrief im Zweiten Weltkrieg.
Jeder und jede einzelne unkritische Pro-Ukrainer (m/w/d) stellt sich hinter ein Land, das unzählige solche Denkmäler hat für Antisemiten und Verbrecher wie Stetsko. Und es gibt viele solcher Denkmäler, wie der jüdische Forward dokumentiert.
Nach vielen dieser Massenmörder sind heute in der Ukraine Straßen und Plätze benannt, nicht nur nach Stepan Bandera, dem bekanntesten Nazi-Kollaborateur und Antisemiten, sondern auch nach Roman Shukhevych, ukrainischer Nationalist und Massenmörder bei der Ukrainischen Aufständischen Armee (UPA), Roman Rudiy, Mitglied der SS-Division Galizien, Yaroslav Stetsko, Kopf der ukrainischen Regierung, die mit der Wehrmacht und den Nazis zusammenarbeitete. Im März 2021 wurde ein Fußballstadion in der Stadt Ternopil nach Roman Shukhevych benannt, was zu einem Protest des Simon Wiesenthal Centers bei der FIFA[5] und zu einem Aussetzen der städtepartnerschaftlichen Kooperation mit der polnischen Stadt Zamość führte.[6]
Die Ukraine ist ein vollkommen verkommenes Land, was die Nicht-Erinnerung des Holocaust betrifft. Das rechtfertigt natürlich keinen völkrerrechtswidrigen Angriffskrieg, so wenig die Tatsache, dass Saddam Hussein ein Antisemit und Israelfeind war, den massenmörderichen Irak-Krieg der Amerikaner und ihrer Freunde rechtfertigte (2003).
Wer die Ukraine unterstützen möchte und nicht die Zerstörung weiterer Teile des Landes in Kauf nehmen will, der oder die muss sich für Friedensverhandlungen einsetzen. Wer die Ukraine zurück in den Kreis der zivilisierten Ländern führen möchte, setzt sich erstens für einen sofortigen Waffenstillstand ein und nach einer Friedenslösung für einen Abbau all dieser Denkmäler, die nach Antisemiten und Nazi-Kollaborateuren benannt sind. Auch Straßen und Plätze, die nach Antisemiten und Nazi-Kollaborateuren und Holocausttätern benannt sind, müssen umbenannt werden. Dabei sollten internationale Komitees der Ukraine helfen. Das stärkt eine Demokratie – Waffen, Privatisierung und Oligarchen zerstören sie.
Hilfe bei der Nicht-Benennung von Straßen und Plätzen nach alten Nazis, Antisemiten oder Wehrmachtssoldaten hätte auch Deutschland nach 1945 dringend nötig gehabt – und hat es bis heute nötig!!!
Es ist geradezu ironisch, dass sich die überhaupt nicht als Freundin des Zionismus oder Israels bekannte Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Sahra Wagenknecht im hebräischen Originalton auf Bennett bezieht, der am fünften Februar 2023 in einem langen Podcast mit einem israelischen Journalisten Tacheles redete. Bennett erläuterte darin wie hinlänglich bekannt – auch der zentrale online Fernsehsender Küppersbusch TV hat darüber berichtet -, dass Selenskyi und Putin sich auf einen Kompromiss geeinigt hatten:
KEINE NATO-Mitgliedschaft der Ukraine.
RÜCKZUG Russlands auf die Linien vor dem 24. Februar 2022.
Das war den Kriegstreibern Boris Johnson und Joe Biden zu viel des Friedens. Sie wollten und wollen weiterhin KRIEG.
Sie wollten und wollen offenbar, dass die Russen nicht mal die Chance erhalten, Denkmäler, die nach Holocausttätern, Antisemiten und Nazi-Kollaborateuren benannt sind, zu schleifen.
Und wenn jetzt ausgerechnet Wagenknecht völlig affirmativ einen zionistischen Politiker wie Bennett zitiert, dann ist es höchste Zeit, mit ihr gemeinsam für den Frieden, für eine Verhandlungslösung, wie sie Bennett schon vor einem Jahr versuchte, zu demonstrieren.
Funke erwartet im Deutsche Welle Interview womöglich bis zu 50.000 Demonstrant*innen morgen ab 14 Uhr in Berlin am Brandenburger Tor.
Wenn jemand „rechtsoffen“ ist, dann die deutsche Bundesregierung und die Mainstream-Medien, die seit über einem Jahr ukrainischen Antisemiten Platz bieten.
Wenn jemand „rechtsoffen“ ist, dann der Teil der ukrainischen Bevölkerung, der Straßen, Plätze und Fußballstadien nach Holocausttätern, Antisemiten und Nazi-Kollaborateuren benennt.
Eigentlich wäre die AfD prädestiniert, sich mit diesen Ukrainer*innen zu verbinden, schließlich liebt auch die AfD deutsche Traditionen.
Die Demonstration für ein Manifest für den Frieden stemmt sich gegen die deutsche Tradition des unerbittlichen Krieges.
Doch Baerbock, die deutsche Bundesregierung oder die Redaktion von Markus Lanz stehen in dieser Tradition:
„Krieg als inneres Erlebnis (Leitung: Ernst Jünger).
Der Zwang zur Friedfertigkeit hat wesentliche Erfahrungsbereiche verkümmern lassen. Noch unsere Väter wußten, daß in der Vergangenheit immer wieder ganze Völker sich zu gemeinsamen, existenziellen Erfahrungen im Grenzbereich begegneten. Diese ursprünglichen Erlebnisse drohen uns heute verloren zu gehen. Mit dem großen Wissenden Ernst Jünger wollen wir uns diese Welt wieder zugänglich machen und lernen, Gemeinheit und Niedertracht wieder lustvoll praktizieren zu dürfen. Bekannte und unbekannte Gefühle und Erregungen tauchen auf und lassen uns spüren, wie spannend es sein kann, seine Mitmenschen in Angst und Schrecken zu versetzen.“[7]
Nie wieder Deutschland heißt nie wieder Krieg!
Nie wieder Deutschland heißt Verhandeln statt Aufrüsten!
Nie wieder Deutschland heißt Bennett statt Baerbock!
[1] https://forward.com/authors/lev-golinkin/.
[2] Lev Golinkin (2021): Nazi collaborator monuments in Ukraine. Many new streets and monuments have been erected since a new government took over in 2014, 27. Januar 2021, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/.
[3] Karel C. Berkhoff/Marco Carynnyk (1999): The Organization of Ukrainian Nationalists and Its Attitude toward Germans and Jews. Iaroslav Stetsko’s 1941 Zhyttiepys, in: Harvard Ukrainian Studies, Dez. 1999, Vol. 23, Nr. 3–4, S. 149–184.
[4] Grzegorz Rossoliński-Liebe (2011): The „Ukrainian National Revolution“ of 1941: Discourse and Practice of a Fascist Movement, in: Kritika: Explorations in Russian and Eurasian History, Vol. 12, Nr. 1 (Winter 2011), S. 83–114.
[5] Roman Tymotsko (2021): Local governments name stadiums after Bandera and Shukhevych, provoking protest from Israel and Poland, The Ukrainian Weekly, 19. März 2021, https://www.ukrweekly.com/uwwp/local-governments-name-stadiums-after-bandera-and-shukhevych-provoking-protest-from-israel-and-poland/.
[6] „Beteiligung am Holocaust: Stadion nach Nazi-Unterstützer benannt – FIFA eingeschaltet“, 18. März 2021, https://www.mopo.de/sport/beteiligung-am-holocaust-stadion-nach-nazi-unterstuetzer-benannt-fifa-eingeschaltet-38192286/.
[7] Initiative Sozialistisches Forum (Hg.) (1984): Diktatur der Freundlichkeit. Über Bhagwan, die kommende Psychokratie und Lieferanteneingänge zum wohltätigen Wahnsinn, Freiburg: Ça-Ira-Verlag, S. 216. In späteren Jahren schreibt sich der Verlag ça ira.