The Berlin International Center for the Study of Antisemitism

Kategorie: Allgemein Seite 12 von 18

Karl Pfeifer: Immer wieder Ungarn – Autobiographische Notizen, Nationalismus und Antisemitismus in der politischen Kultur Ungarns – Texte 1979 bis 2016

Neuerscheinung am 21. Oktober 2016

Buchvorstellung mit dem Autor Karl Pfeifer:

Wann: Freitag, 21. Oktober 2016, 9:30 Uhr.
Wo: Sitzungssaal des Bundesrates im österreichischen Parlament, WIEN.

Begrüßungsworte: Ulrike Lunacek, Abg. zum EU-Parlament
Laudatio: Abg. z. Nationalrat Karl Öllinger
Dr. Clemens Heni, Verleger, Edition Critic
György Gadó, ehem Abg. des ung. Parlaments
Dankesworte: Karl Pfeifer

 

flyer_a

20161017_001700

 

Robert S. Wistrich: Der antisemitische Wahn (Paperback Ausgabe, Oktober 2016)

Neuerscheinung am 24. Oktober 2016 (Paperback):

Robert S. Wistrich

Der antisemitische Wahn

Von Hitler bis zum Heiligen Krieg gegen Israel

Mit einem Vorwort
von Robert S. Wistrich, Mai 2015
und dem Nachruf »Das Ende einer Epoche«

Aus dem Englischen von Karl Heinz Siber

469 + xvi Seiten, Paperback, 15,24 x 22,86cm, ISBN 978-3-946193-13-5, 19€ (D),
Berlin: Edition Critic

The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA) / Studies in Antisemitism, Studien zum Antisemitismus, Vol. 5 / Band 5, Herausgeber/Editor: Dr. Clemens Heni, Direktor (BICSA)

Ab 24.10.2016 in jeder Buchhandlung bestellbar oder direkt beim Verlag (versandkostenfreie Lieferung in D), Vorbestellungen an editioncritic@email.de

wistrichcoverneu6x9_cream_500

In Sachsen und für die Bundesanwaltschaft sind islamistische Suicide Bomber nicht Suizid gefährdet!

Der vermutete Selbstmord des islamistischen Terrorverdächtigen Albakr in der JVA Leipzig gegen 19.45 Uhr am Mittwoch, den 12. Oktober 2016, war nicht zu verhindern, denn die Justizvollzugsanstalt habe alles getan, um das zu verhindern. So der Leiter der JVA Leipzig Rolf Jacob auf einer Pressekonferenz am darauffolgenden Donnerstag ab 11 Uhr. Eine sehr gute und erfahrene Anstaltspsychologin habe keinerlei „Suizidgefahr“ erkannt – bei einem islamistischen Suicide Bomber!

Wie geht das, bei einem islamistischen Suicide Bomber keine solche Suizid-Gefahr zu erkennen? Die Polizei hatte in Chemnitz 1,5 kg hochexplosiven Sprengstoffs samt Utensilien für eine Sprengstoffweste gefunden.

Nach der durch Syrer ermöglichten Festnahme des Verdächtigen durch das SEK wurde der Jihadist in die JVA Leipzig gebracht. Dort erwartete ihn kein Dolmetscher. Offenbar waren die sächsischen Behörden völlig überrascht, den bundesweit zur Fahndung ausgeschriebenen Islamisten auch zu finden.

Selbst als Albakr eine Deckenlampe in der Zelle zerstörte, um sich die Pulsadern aufzuschneiden oder versuchte, sich über eine Steckdose per Stromschlag zu töten (so der Reporter Jens Reupert live im Fernsehen auf N24 am 12.10., kurz nach 12 Uhr), wurde von Vandalismus geredet und weiterhin keine Suizidgefahr bei einem des Suicide Bombing Verdächtigen erkannt.

Das ganze wird ein massives bundespolitisches und gesamtgesellschaftliches Nachspiel haben müssen. Rücktritte des sächsischen Justizministers, des Anstaltsleiters der JVA Leipzig, der dortigen Superpsychologin, aber auch Hinterfragen der Politik der Bundesanwaltschaft, die völlig versagte, die Aufklärung des bis dato womöglich heftigsten islamistischen Terrorversuchs in diesem Land sofort an sich zu ziehen, sind an der Tagesordnung.

Wir lernen: ein islamistischer Suicide Bomber ist nicht nur in Sachsen, sondern offenbar auch für die Bundesanwaltschaft, nicht per so Suizid gefährdet.

Die neoliberale Wirtschaftspolitik, das Aussourcen, wie es neudeutsch heißt, von Leistungen, das Sparen bei Polizei und öffentlichen Einrichtungen generell führen zu einer dramatischen Entprofessionalisierung, abgesehen davon, dass selbst einer unterbesetzten JVA bei logischem Denkvermögen klar sein müsste, dass ein Suicide Bomber offenbar Suizid im Kopf hat – auch wenn die Chancen, im Knast einen Sprengstoffgürtel zu basteln und andere mit zu töten, geringer sind als vor der Festnahme.

Eine Selbsttötung, um einer Befragung zu entgehen. Die Betonung, Selbstmord sei nicht wirklich „islamisch“ bringt uns da nicht weiter, da Islamisten wie einer der führenden islamistischen Vordenker, Yusuf al-Qaradawi, z.B. den Kampf gegen Juden und Israel als Märtyrertod und nicht als Selbstmord einordnen. Das Middle East Media Research Institute (MEMRI) hatte 2003 auf die Apologie des Suicide Bombings bei Al-Qaradawi hingewiesen und eine entsprechende Äußerungen von ihm auf einer Konferenz in Schweden dokumentiert. Al-Qaradawi verteidigt primär Selbstmordattentate auf Juden in Israel. Der Islamische Staat, wie zuvor Al Qaida, hat eine darüber hinaus gehende Rechtfertigung für Selbstmordanschläge.

Schon vor sechs Jahren schrieb ich zu al-Qaradawi:

Die Islamwissenschaftlerin Bettina Gräf, eine Schülerin von Krämer, befasst sich seit vielen Jahren mit Qaradawi[13]. 2005 schreibt sie im online-Portal qantara.de, welches u.a. von der Bundesregierung finanziert wird:

„Al-Qaradawi unterstützt entschieden den Unabhängigkeitskampf der Palästinenser, insbesondere seit der zweiten Intifada im Jahr 2000. Er initiiert Solidaritätsaktionen, sammelt Geld, bezieht Stellung im Fernsehen, im Internet, in Freitagspredigten, auf Konferenzen gegen die Besetzung Palästinas. Er rechtfertigt in islamischen Rechtsgutachten Selbstmordattentate der Palästinenser und Palästinenserinnen als Mittel der Verteidigung gegen die Politik Israels.

Für Yusuf al-Qaradawi sind die Attentäter Märtyrer und keine Selbstmörder. Selbstmord gilt im Islam als Sünde, der Märtyrertod nicht. In Palästina werde islamischer Boden und die heilige Stadt Jerusalem verteidigt. So äußerte er sich auf al-Jazeera in der Sendung ‚Das islamische Recht und das Leben‘: ‚Nicht ich allein sage, dass diese Attentate legitim sind, sondern auch Hunderte anderer muslimischer Rechtsgelehrter sehen das so. (…) Ein Mensch, der sich für eine große Sache opfert, ist kein Selbstmörder‘.

Diese Sicht erlaubt die Rechtfertigung der palästinensischen Selbstmordattentate als Märtyrerakt, der Terroranschlag auf das WTC sowie die Anschläge auf Zivilisten in Indonesien und in Saudi Arabien werden hingegen klar verurteilt.“[14]

Damit übernimmt Gräf die Apologie des suicide bombing, das als „Märtyrerakt“ bezeichnet wird.

Ganz unabhängig von den Fehlern weiter Teile deutscher Islamforschung, die sich gerade nicht gegen sondern für eine Rechtfertigung von Selbstmordanschlägen gegen Israel im Sinne al-Qaradawis aussprachen oder aussprechen, hätte die Justiz nicht nur in Sachsen darauf kommen können, dass ein Suicide Bomber andere und sich selbst umbringen möchte.

Warum er nicht Suizid gefährdet gewesen sein soll, wenn ihn eine bezüglich Islamismus und Terrorismus offenbar völlig unfähige wie unerfahrene Anstaltspsychologin untersucht, ist vollkommen unverständlich und indiziert ein größt mögliches Versagen.

In Sachsen hat die Polizei nicht nur ein Nazi- und Pegidaproblem, sondern auch ein Islamismusproblem.

Solidarität mit Lamya Kaddor – Kampf der „Deutschomanie“

Zuerst erschienen auf Heise.de/Telepolis, am 8.10.2016, hier ein Auszug:

 

Die deutsche Islamwissenschaftlerin und Publizistin Lamya Kaddor hat ein enorm wichtiges, kritisches und mutiges Buch geschrieben – Die Zerreissprobe. Wie die Angst vor dem Fremden unsere Demokratie bedroht, Berlin: Rowohlt, Oktober 2016 –, aufgrund dessen sie jetzt Morddrohungen von ganz normalen „besorgten Bürgern“, ergo: rassistischen Deutschen bekommt. Sie hat deshalb vorübergehend ihren Schuldienst als Islamlehrerin bis nächsten Sommer ausgesetzt.

Kaddor sagt: „Wir haben ein Rassismusproblem in Deutschland. Lasst uns endlich öffentlich darüber reden.“ (S. 23) Kaddor wurde in Westfalen geboren. Ihre Eltern sind vor Jahrzehnten aus Syrien eingewandert. Sie ist eine junge, weibliche, muslimische Deutsche und Gründungsvorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes.

(…)

Lamya Kaddor hat die großen Linien der politischen Kultur und des Rassismus in der Bundesrepublik seit den 1970er Jahren im Blick. Sie kritisiert die Verharmlosung der AfD-Wähler, die in der Tat häufig von „gruppenbezogener Mensschenfeindlichkeit“ (egal ob man diesen Begriff nun für sinnvoll hält oder eher nicht) geprägt seien. Ja, viel mehr noch, wie Hermann L. Gremliza schreibt („Wir sind ein völkisch Volk“):

„Keiner – bis auf ein paar Freaks und mich, Leute, die allen stolzen Deutschen als bösartig oder verrückt gelten – nennt die AfD, ihre Wähler oder die Pegida, was klingt wie Napola, Nazis.“ (Konkret 10/16, S. 9)

(…)

Kaddor zitiert zwei Textpassagen heran, die beide den Publizisten Henryk M. Broder aufgrund dessen ‚Islamkritik‘ positiv rezipieren und promoten. Beide Zitate sind ganz ähnlich positiv. Das eine jedoch kommt von der (angeblich) antideutschen Postille „Bahamas“, das andere von der NPD Chemnitz. (S. 102) Das ist die neue „Querfront“

Auch wenn Kaddor das nicht zu ahnen vermag: selbst antideutsche Kritiker*innen werden an ihrer Seite stehen gegen die AfD, Broder, Tichy, Pegida und all die neu-rechten, rechtsextremen („rechtspopulistischen“ und von „besorgten Bürgern“ betriebenen) und neonazistischen Netzwerke, die schon einen Nervenzusammenbruch kriegen, wenn sie von weitem die Antifa sehen oder die politische Elite des Landes, die sich jeweils ja gar nicht mögen. Aber der Feind steht rechts und das hat auch ein Norbert Lammert erkannt, auch wenn sein Tonfall immer noch ruhig ist, der Lage nicht unbedingt angemessen.

Wie schreibt Gremliza in seinem Suhrkamp-Band:

„Die Lage des Kritikers korrespondiert mit der Lage der Menschheit vorzüglich. Beide sind hoffnungslos.“ (S. 7)

 

Clemens Heni mit Gabriel Bach, Nebenkläger im Eichmann-Prozess, nach einem Vortrag von Heni beim World Jewish Congress am 27. Mai 2013 in Jerusalem

Clemens Heni mit Gabriel Bach, Nebenkläger im Eichmann-Prozess, nach einem Vortrag von Heni beim World Jewish Congress am 27. Mai 2013 in Jerusalem

 

Der Autor, Clemens Heni (Jg. 1970), hat neben einer Grundausbildung im „Antifaschismus-Komitee Tübingen/Reutlingen“ von Anfang bis Mitte der 1990er Jahre universitäre Abschlüsse in Empirischer Kulturwissenschaft (B.A.) und Politikwissenschaft (B.A., Diplom) erlangt, 2006 in Innsbruck mit einer Arbeit über die Kritik an der „Salonfähigkeit der Neuen Rechten“ promoviert (Dr. phil, bei Prof. Anton Pelinka), war sodann Post-Doc an der Yale University in USA und gründete 2011 das Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA) wie auch den Verlag Edition Critic. Er ist Autor von fünf Büchern und vielen Artikeln in Deutsch und Englisch zu Rechtsextremismus, Neuer Rechter, Antisemitismus, politischer Kultur der Bundesrepublik Deutschland, Holocaust, Kritischer Theorie, Israel und Islamismus.

 

 

JETZT lieferbar: Wiebke Dursthoff – Kibbutz und Bauhaus. Arieh Sharon und die Moderne in Palästina

cover_300_dpi_0413

Wiebke Dursthoff: Kibbutz und Bauhaus. Arieh Sharon und die Moderne in Palästina, Berlin: Edition Critic, 270 Seiten, 137 Abbildungen (s/w und farbig)
ISBN 978-3-946193-01-2, 21cm x 29,7cm, 29€

The Robert S. Wistrich Memorial Lecture 2016 by BICSA (VIDEO)

The Robert S. Wistrich Memorial Lecture

May 19: The Robert S. Wistrich Memorial Lecture 2016

Am Donnerstag, 19. Mai 2016, dem ersten Todestag, findet um 18 Uhr eine Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an den Antisemitismusforscher und israelischen Historiker Robert Solomon Wistrich, sel. A., im Centrum Judaicum in der Oranienburger Str. 28–30, 10117 Berlin, statt. Es werden die Witwe Danielle Wistrich und der israelische Historiker Prof. David Ohana sprechen. Die Veranstaltung wir in englischer Sprache stattfinden, um Anmeldung wird gebeten (bicsa[at]email.de) – hier ist die Ankündigung:

The Robert S. Wistrich Memorial Lecture 2016

by The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA) and Verein für Gesellschaftskritik und Antisemitismusforschung e.V.

May 19, 2015, historian and leading scholar in antisemitism, Professor Robert S. Wistrich (1945-2015), Director of the Vidal Sassoon International Center for the Study of Antisemitism (SICSA) at Hebrew University, Jerusalem, died in Rome. Robert was a friend, colleague, and ally. We miss him.

Prof. Dr. Robert Solomon Wistrich, Berlin, 16. September 2014

Prof. Dr. Robert Solomon Wistrich, Berlin, 16. September 2014 (Pic taken by Susanne Wein)

To keep the memory of this wonderful person, vibrant public intellectual and outstanding scholar alive and to learn from his scholarship, the Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA) and the Verein für Gesellschaftskritik und Antisemitismusforschung e.V. will held the yearly „Robert S. Wistrich Memorial Lecture.“

Thursday, May 19, 2016, the speakers in Berlin will be:

Danielle Wistrich: Robert, The Man I Knew

Prof. David Ohana (Ben-Gurion University of the Negev): Wistrich’s Zionist Legacy

Susanne Wein, Ph.D., Verein für Gesellschaftskritik und Antisemitismusforschung e.V.

Clemens Heni, Ph.D., Director, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Location: Centrum Judaicum, Oranienburger Str. 28–30, 10117 Berlin, 6 pm. Please reserve: bicsa[at]email.de

Supported by:

Edition Critic

SPME German Chapter

SPME

 

 

 

 

Yours sincerely,

Clemens Heni, Ph.D.
Director, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

 

Journalisten zwischen Fischgräten, Neurosen und Psychosen

Der Realitätsverlust angesichts der Brüsseler jihadistischen Anschläge, dargestellt am Beispiel von Constantin Seibt, Dunja Hayali & Co.

Der Schweizer Journalist Constantin Seibt publiziert am 25. März 2016 angesichts der islamistischen Massaker in Brüssel am Flughafen und der U-Bahn einen Text im schweizerischen Tagesanzeiger. Gleich zu Beginn schreibt er:

„So grausam jeder dieser Morde ist, es gibt Gefährlicheres. Allein in Deutschland sterben pro Jahr über 500 Leute an einer Fischgräte.“

Fischgräten seien gefährlicher als der Jihad. Das führt den preisgekrönten Schweizer Denker zu folgender Konsequenz:

„Die Verteidiger des Abendlands sind heikler als die Terroristen: Diese haben zwar Bomben. Doch die wirklichen Zerstörungen können wir nur selber anrichten. Etwa wenn man durch geschlossene Grenzen die Wirtschaft ruiniert. Oder durch einen Überwachungsstaat die Freiheit. (…) Was tun? Eigentlich nur eines: Die Polizei ihre Arbeit machen lassen. Und sonst Haltung bewahren: also die eigenen Prinzipien, kühles Blut, Freundlichkeit. Das genügt. Denn das eigentliche Ziel der Attentäter sind nicht Flughäfen oder Metrostationen, sondern die Köpfe. Ihr Ziel ist der Verlust an Haltung.“

Wenige Tage nach einem weiteren islamistisch motivierten Massaker mitten in Europa solche Zeilen zu schreiben, macht nachdenklich. Das Ziel der Attentäter sei nicht der Mord an einer möglichst großen Zahl von Menschen, sondern es seien „die Köpfe“. Der IS im Speziellen und der Jihad im Allgemeinen wollten, dass Europa nach rechts dreht, damit möglichst viele Muslime sich dem Jihad anschließen. Als ob es dazu rechter Tendenzen, die es in ganz Europa gibt, bräuchte. Viele Muslime werden aus islamistischer Überzeugung zum Jihadisten (oder auch „legalen“ Islamisten, die es ja in noch viel größerer Anzahl gibt, beiden gemein ist die Vorliebe für Religion und Scharia). Der Islamismus bietet eine autoritäre Antwort auf die Vielfältigkeit und Unübersichtlichkeit der Moderne. Er ist gegen die Gleichberechtigung der Geschlechter, verachtet Homosexuelle oder die Zinswirtschaft und natürlich die Meinungssfreiheit (Erdogan).

Extra 3 Erdogan Palästina

Zudem ist der Islamismus die Hauptströmung der Internationale des Antizionismus, der gefährlichsten Form des heutigen Antisemitismus, neben dem eher „kosmopolitischen Antizionismus“ des Westens und vieler Intellektueller.

Doch so zu schreiben wie Seibt, so eiskalt angesichts von dutzenden Ermordeten – ist das noch Zynismus angesichts von völlig zerfetzten Menschen, die auch ihre Köpfe verloren, so zu schreiben, oder noch krasser? Gibt es dafür ein Wort?

Denn was ist in den Köpfen derer, die noch einen haben, drin? Etwas alltagssprachlich formuliert: sind die Leute, die angesichts von Jihad und zerfetzten Menschen in Brüssel von gefährlicheren Fischgräten daher reden, noch ganz „knusprig“?

Fragen wir Sigmund Freud. Er schrieb 1924 in „Der Realitätsverlust bei Neurose und Psychose“:

„Ich habe kürzlich einen der unterscheidenden Züge zwischen Neurose und Psychose dahin bestimmt, daß bei ersterer das Ich in Abhängigkeit von der Realität ein Stück des Es (Trieblebens) unterdrückt, während sich dasselbe Ich bei der Psychose im Dienste des Es von einem Stück der Realität zurückzieht. Für die Neurose wäre also die Übermacht des Realeinflusses, für die Psychose die des Es maßgebend. Der Realitätsverlust wäre für die Psychose von vorneherein gegeben; für die Neurose, sollte man meinen, wäre er vermieden. Das stimmt nun aber gar nicht zur Erfahrung, die wir alle machen können, daß jede Neurose das Verhältnis des Kranken zur Realität irgendwie stört, daß sie ihm ein Mittel ist, sich von ihr zurückzuziehen, und in ihren schweren Ausbildungen direkt eine Flucht aus dem realen Leben bedeutet.“

20160330_123002

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Und weiter mit Freud:

„Die Neurose begnügt sich in der Regel damit, das betreffende Stück der Realität zu vermeiden und sich gegen das Zusammentreffen mit ihm zu schützen. Der scharfe Unterschied zwischen Neurose und Psychose wird aber dadurch abgeschwächt, daß es auch bei der Neurose an Versuchen nicht fehlt, die unerwünschte Realität durch eine wunschgerechtere zu ersetzen. Die Möglichkeit hiezu gibt die Existenz einer Phantasiewelt, eines Gebietes, das seinerzeit bei der Einsetzung des Realitätsprinzips von der realen Außenwelt abgesondert wurde, seither nach Art einer ‚Schonung‘ von den Anforderungen der Lebensnotwendigkeit freigehalten wird und das dem Ich nicht unzugänglich ist, aber ihm nur lose anhängt. Aus dieser Phantasiewelt entnimmt die Neurose das Material für ihre Wunschneubildungen und findet es dort gewöhnlich auf dem Wege der Regression in eine befriedigendere reale Vorzeit.“

Trifft das nicht ziemlich exakt auf das Jahr 2016 zu? Flüchtet nicht ein Constantin Seibt in eine „Phantasiewelt“ und regrediert er nicht in eine Zeit, in der z.B. Fischgräten womöglich gefährlicher waren als jihadistische Massaker, wenn sie je gefährlich waren – verglichen mit geistiger Regression, die vielleicht schon immer unsagbar gefährlicher war denn Fischgräten? Es ist auch eine Infantilisierung des Journalismus, sich auf Allgemeinplätze zurückziehen, auf Beispiele, die auch Kinder verstehen.

Ja, trifft Freuds Analyse des Realitätsverlust sowohl bei Psychose wie Neurose nicht weite Teile unserer europäischen wie westlichen Gesellschaften, unsere gesamte Situation seit dem 11. September 2001?

Jene, die nicht offen mit dem Jihad sympathisieren (angenommen das tun sie auch nicht klammheimlich zu Hause, beim Café auf Stehempfängen, auf islamwissenschaftlichen Konferenzen oder in der Kneipe um die Ecke), derealisieren die Gefahr oder/und verfallen in eine „Regression in eine befriedigendere reale Vorzeit“. Das wäre die Zeit bevor der Jihad anfing, gezielt wie wahllos westliche Gesellschaften zu terrorisieren und Tausende Menschen zu ermorden, angefangen mit den Anschlägen von 9/11 im World Trade Center in New York City, dem amerikanischen Verteidigungsministerium Pentagon und den vier entführten Flugzeugen. Wollen also solche Autoren, die angesichts der größten öffentlichen Gefahr, der sich Europa seit dem Ende des Nationalsozialismus im Mai 1945 gegenübersieht, von Fischgräten statt von Jihad reden, in ihre Kuschelzeit des Kalten Krieges der 1960er bis 1980er Jahre zurück? Oder in die „neutrale“ Alpenidylle der Schweiz mit Enzianblümchen, Naturjodlern und Züricher Schickeria? War nicht der unfassbare Hype um Volksmusik seit vielen Jahren gerade Ausdruck dieser Realitätsverweigerung, zudem natürlich eine Regression geistiger und musikalischer Natur, die uns wöchentlich en masse im Fernsehen vorgedudelt wird?

Eine Nicht-Thematisierung der islamistischen Gefahr ist ja gerade das Kennzeichen schlechthin westlicher Reaktionen auf 9/11. Eine fast völlig unpolitische Jugend, die im Selfie-Narzissmus weiter Teile der Gesellschaft gefangen ist, tut ein Übriges – und jene, die aktiv sind, Jung und Alt, sind fast alle wahlweise gegen Freihandelsabkommen oder/und hetzen gegen Israel, geben Judith Butler den Adorno-Preis (Axel Honneth etc.), gehen zur BDS-Bewegung, organisieren den al-Quds-Tag, unterhalten gute Beziehungen zu Iran (Bundesregierung) oder entfernen israelische Fahnen von Gedenkorten für Opfer des Jihad wie in Brüssel.

Seit jenem Dienstag sprechen doch alle nur darüber, dass „der“ Islam nicht zum Thema gemacht werden dürfe und der Islamismus keine spezifische Gefahr sei. Darüber, dass der Westen mit solchen Hochhäusern wie dem World Trade Center doch einen „Doppelphallus“ errichtet hätte, den zu „fällen“ gleichsam OK gewesen sei („ein Tritt in die Eier“, so Klaus Theweleit, „Männerforscher“), dass „Symbole von Stolz und Reichtum und von Arroganz“ sich in diesen Gebäuden Ausdruck verschafft hätten (so der damalige Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung (ZfA) an der TU Berlin, Wolfgang Benz) oder aber dass der damalige US-Präsident George W. Bush und der al-Qaida-Führer Osama bin Laden die „gleichen Denkstrukturen“ hätten (so der damalige ARD-Vordenker Ulrich Wickert). Die PDS (heute die Partei Die Linke) redete von „sowas kommt von sowas“, der Neonazi Horst Mahler jubelte ob der Anschläge am WTC von „Independence Day Live“. Kritiker des Jihad und Islamismus werden seither wahlweise als „Hassprediger“ (Thomas Steinfeld, Süddeutsche Zeitung) oder „Panikmacher“ (Patrick Bahners, FAZ) diffamiert und jede substantielle Analyse und Kritik des Islamismus und Jihad abgewehrt.

Seibt rennt also sperrangelweit offene Türen und Tore ein, wenn er meint, nun fast 15 Jahre nach 9/11 und Zehntausenden Toten durch suicide bomber und andere islamistische Attacken später, die Kritik am nach Europa kommenden Jihad abzuwehren.

Wie der FAZ-Blogger Don Alphonso am 29. März 2016 schreibt („Terrorverharmlosung mit der Fischgrätenlüge“), wurde Constantin Seibts Artikel umgehend vom politischen und journalistischen Establishment auf Twitter geteilt und promotet,  von Felix Werdermann, Politikredakteur beim Freitag, Michael Karnitschnig, Büroleiter von EU-Kommissar Johannes Hahn, Catrin Bialek, Redakteurin beim Handelsblatt über Mike Beckers, Redakteur bei der Wissenschaftszeitschrift Spektrum hin zu Dunja Hayali vom ZDF-Morgenmagazin, Thomas Leidel von N-TV oder Maik Nöcker, Moderator bei SKY.

Angesichts von zerfetzten Menschen in Brüssel, die Opfer jihadistischer Gewalt wurden, von den vorgeblich viel gefährlicheren Fischgräten zu reden und das zu teilen, ist Ausdruck eines Realitätsverlusts, Ausdruck der womöglich von Psychosen und Neurosen erkrankten kulturellen Elite im Westen, Europas und der Schweiz. Da aber fast alle mitmachen bzw. am selben Leiden leiden, fällt das niemand (außer Kritikern wie Don Alphonso) auf. Es läuft für den Jihad.

 

Der Autor, Dr. phil. Clemens Heni, ist Politikwissenschaftler und Direktor des Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Der Spiegel, das antijüdische Ressentiment und die Verhöhnung der Opfer jihadistischer Gewalt von Brüssel

Am Dienstag, den 22. März 2016, zerfetzen jihadistische Massenmörder in Brüssel bei Anschlägen in der U-Bahn und im Flughafen mehr als 30 Menschen. Die Opfer sind noch nicht alle identifiziert, geschweige denn beerdigt, und das wöchentliche Nachrichtenmagazin Der Spiegel Nr. 13/2016 vom Samstag, 26. März 2016, macht mit einem Titel bzw. einer Titelstory auf, die ungeheuerlicher, Jihad verharmlosender, antichristlicher und zumal antijüdischer nicht sein könnten.

Unter der Headline „Die gefährliche Rückkehr der Religionen – Der Missbrauchte Glaube“ sieht man ein großes Kreuz mit einem gekreuzigten Jesus und einem Totenkopf darunter auf dem Cover (es ist die Osterausgabe!), rechts oben den Präsidentschaftsbewerber bei den Vorwahlen der Republikaner, Donald Trump, der offenbar mit einer Bibel wedelt, rechts unten den russischen Präsidenten Vladimir Putin, der einen offenbar russisch-orthodoxen Patriarchen herzt, und links ein Bild der islamistischen Terrorgruppe Islamischer Staat:

 

Im Heft selbst dann die Coverstory unter dem Titel „Gottes unheimliche Macht. In Europa sind sie auf dem Rückzug, doch in vielen Teilen der Welt entfalten Religionen gerade neue Kraft. Sie nehmen Einfluss auf die Politik – und lassen sich von ihr missbrauche. Oft mit furchtbaren Folgen.“ Wie sehen diese furchtbaren Folgen aus?

„Unter den extremen Christen gibt es Bäcker, die sich aus religiösen Gründen weigern, homosexuellen Paaren eine Hochzeitstorte zu backen; Eltern, die vor Gericht ziehen, weil ihre Kinder in der Schule das islamische Glaubensbekenntnis lernen müssen; Pfarrer, die den Satan für leibhaftig halten.“

Offenbar spielt das AutorInnenteam (Nicola Abé, Jens Glüsing, Bartholomäus Grill, Nils Minkmar, Christian Neef, Jan Puhl, Christoph Reuter, Holger Stark) mit dem ganzen Text  auf die Massaker von Brüssel an, das Blut in der Metro und dem Flughafen ist gerade erst getrocknet bzw. die Leichenteile sind eingesammelt worden.

Doch im Text geht es nicht nur um Islamismus und Jihad, sondern in einer gleichsam obsessiven Art und Weise um Christen und Juden, der Islam kommt geradezu nur additiv hinzu. Diese Massaker wie vor wenigen Tagen in Brüssel werden mit evangelikalen Bäckern in eins gesetzt, die sich weigern „homosexuellen Paaren eine Hochzeitstorte zu backen“. Das ist an Zynismus und kulturrelativistischem Geschwätz unüberbietbar. Die Angehörigen der Opfer des Jihadismus werden sich bedanken.

Es ist ein Ausdruck der Ideologie des Kulturrelativismus, der zwischen problematischen Aspekten einer Religion und weltweitem Jihad und Massenmord seit dem 11. September keinen Unterschied zu sehen bereit ist. Es ist ein gerade fanatischer Zug des Spiegel, die spezifische Kritik am Jihad zu verweigern. Ja, mehr noch: die Opfer des Jihad, neben Muslimen häufig Christen in Syrien oder dem Irak, sowie Juden in Israel, Frankreich und Europa, werden zu (ideologischen) Mit-Tätern. Dieses bekannte Schema – gerade in Deutschland – der Täter-Opfer Umkehr ist typischer Ausdruck des sekundären Antisemitismus, jenes nach Auschwitz. Wenn das Christentum mit verantwortlich war für den Holocaust, dann ist das Judentum verantwortlich für wahlweise Naturunterdrückung (so vor Jahren schon der Katholik Eugen Drewermann), den „Genozid“ an den Palästinensern (so der deutsche und europäische Mainstream) oder das Aufkommen des Monotheismus (so der Spiegel und der Philosoph Peter Sloterdijk). Damit sind wir quitt, die Deutschen und die Juden. Prima Sache! Das ist der Hintergrund vor dem der Spiegel 13/2016 zu sehen ist.

Ein Massaker in Brüssel dient den Spiegel-AutorInnen dazu, gegen Juden und Christen zu polemisieren und agitieren. Ein perfider Text, der die Toten von Brüssel als Aufhänger nimmt, um gegen Juden und Christen Stimmung zu machen.

Mehr noch: Dieses Abwiegeln, dieses Leugnen der sehr spezifischen Gefahr des Islamismus und Jihad ist seit dem 11. September 2001 die Hauptreligion des Abendlandes geworden, zumal in der kulturellen Elite.

Kein kritischer Mensch würde die problematischen und höchst zweifelhaften Aspekte des Evangelikalismus oder orthodoxer Katholiken ignorieren oder beschönigen, von innerjüdischer Kritik an Ultraorthodoxen ganz zu schweigen. Aber kein denkender Mensch würde Kritik am Christentum oder Judentum angesichts zerfetzter Menschen, die von extremistischen Muslimen ermordet wurden im Namen des Jihad und Islam, mit Islamismus und Jihadismus auch nur vergleichen, geschweige denn auf eine Stufe stellen. Das ist eine Verhöhnung der Opfer von Brüssel unsagbaren Ausmaßes.

JournalistInnen, die zwischen Massenmord und der Terrorisierung des gesamten Nahen Ostens, Europas, Amerikas, weiten Teilen Asiens und Afrikas durch den Jihad auf der einen und der problematischen, aber nicht massenmörderischen Religion Evangelikaler oder Russisch-Orthodoxer auf der anderen Seite nicht unterscheiden können, sollten ein anderes Handwerk lernen denn Schreiben, eines, von dem sie auch etwas verstehen.

So wichtig es ist Homophobie unter Christen zu bekämpfen, so unsagbar gleichmacherisch, kulturrelativistisch und unspezifisch ist es, solche homophoben Tendenzen mit dem weltweiten Massenmord von Seiten des Jihad auf eine Stufe zu stellen. Man fasst sich ob soviel Schwachsinn einfach an den Kopf.

Doch es geht noch viel weiter. Der Text hat eine innere Logik und Struktur. Ganz ähnlich wie der Philosoph Peter Sloterdijk greift auch der Spiegel das Judentum an. Die „ultraorthodoxen Juden“ in Israel in „Bnei Brak“ werden kritisiert (und dabei auch Ultraorthodoxie und politischer Zionismus grotesk gleichgesetzt) –wohlgemerkt angesichts islamistischer Massaker in Brüssel – und weit ausholend geschrieben:

„Besonders gut eignen sich offenbar die monotheistischen Religionen für Hasspropaganda und die Abgrenzung von Andersgläubigen. Sie stiften auch dadurch Identität. Es ist kein Wunder, dass auf der schwarzen Fahne des IS die Schahada prangt, das Glaubensbekenntnis des Islam: „Es gibt keinen Gott außer Allah“, steht dort.“

Das freut Jakob Augstein. Wenn die Juden so übel sind wie die Jihadisten, wie kann man dann Antisemit sein, wenn man gegen den Staat der Juden anschreibt? Wie hört sich das Ressentiment gegen das Judentum bei Peter Sloterdijk an?

„Ich nenne das obsessiv wiederkehrende Bundesbruch-Motiv des Tanachs daher das Sinai-Schema. Es macht den Preis der Singularisierung Israels inmitten der intensiven kultischen und militärischen Völkerkonkurrenz fühlbar. In der fiktiven Urszene am Fuß des Gottesberges wurde der Motivzusammenhang zwischen dem Bundesbruch und dem standrechtlich vollzogenen Strafgericht mit archetypischer Wucht exponiert und für Übertragungen in beliebig weit entfernte Kontexte bereitgestellt.“

Die Spiegel-AutorInnen setzen ganz explizit Jihadismus, Massenmord und Islamismus mit Christentum und Judentum gleich, kategorial und theologisch:

„Und wenn IS-Kämpfer die abgeschnittenen Köpfe ihrer Feinde in die Kameras halten, dann strecken sie oft den Zeigefinger ihrer rechten Hand aus – als Gruß. Es gibt nur einen Gott, bedeutet das Zeichen. Und Ungläubige sind Todfeinde. Christen erheben sich gern über die Brutalität, mit der dieser Absolutheitsanspruch durch – gesetzt wird, weil ihre Religion durch die Aufklärung gezähmt worden sei. Aber allzu leicht fällt das nicht: ‚Du sollst keine anderen Götter haben neben mir‘, heißt es im ersten Gebot des Alten Testaments. Auch das Christentum eignet sich also zur Abgrenzung, wenn es missbraucht wird. Und das wird es immer wieder, um Macht oder sogar Gewalt zu rechtfertigen.“

Während das Judentum sich gerade in Abkehr vom Opfer gründete, lebt der Jihad vom Opfer. Während das jüdische Volk eine sehr diesseitsbezogene Religion hat, hassen Jihadisten das Leben und lieben den Tod. Für den Spiegel ist das Einerlei.

Seit 9/11 geht das so im Mainstream-Journalismus, ein Abwiegeln ob der spezifischen Gefahr, die der Jihad darstellt. Alles nichts Besonderes. Christen und Juden seien genauso extremistisch, bar jedweder empirischer Beweise. Es gibt keine christlichen oder jüdischen suicide bomber, keine jüdischen oder christlichen Ideologen, die zur mörderischen, militärischen Bekämpfung Europas, des Westens oder Israels aufrufen. Wer zwischen theologischem Fanatismus und konkreter Gewalt, zwischen evangelikalen Christen oder orthodoxen Katholiken und Jihadisten nicht unterscheiden kann, sollte sich zu Religion im Allgemeinen und Jihad im Besonderen nicht äußern.

Denn die Gleichsetzung von Jihad und Zehntausenden Toten durch jihadistische Anschläge in den letzten Jahren, vom Irak über Syrien nach Indonesien, Pakistan, Indien, New York, Madrid, London, Tunesien, Nigeria, Toulouse, Paris, Brüssel, London und vielen anderen Orten, mit Christentum und orthodoxem Judentum ist ungeheuerlich, sie verhöhnt die Opfer des Jihad und diffamiert orthodoxe Juden oder evangelikale Christen auf die widerlichste Art und Weise:

„Radikale Sunniten und Schiiten, Evangelikale, orthodoxe Juden, Orthodoxe, russische katholische Extremisten – die politische Ambition, auch die politische Instrumentalisierung ist in allen Glaubensrichtungen möglich. Denn das System der Religion lebt nicht vom freien Diskurs, von Beweisen und Abstimmungen. Das Besondere an dieser Sphäre ist ja gerade, dass sie Gewissheiten bietet, die keine Begründung mehr brauchen. Das macht ihre einzigartige Anziehungskraft aus, darin liegt ihr Potenzial zu gütigen, aber auch menschenfeindlichen Handlungen.“

Noch nicht einmal auf den Unterschied zwischen proselytischen, missionarischen und imperialistischen Religionen wie dem Christentum und Islam auf der einen und dem nicht missionarischen Judentum auf der Seite wird hier reflektiert.

Und natürlich: Es gibt keine Sonderkommissionen bei Landeskriminalämtern oder dem Bundeskriminalamt zu gefährlichen Christen oder Juden, die Massaker in Köln, Frankfurt, Augsburg, Berlin, München oder Hamburg planten. Es gibt aber Sonderkommissionen und Expertengruppen zu Islamismus und Jihad. Das weiß man beim Spiegel nicht, möchte es nicht wissen, weil die AutorInnen von der spezifischen und einzigartig gefährlichen Art des Islamismus und Jihad schweigen wollen. Es gibt keine Christen die versuchen sich in Atomkraftwerke einzuschleusen um dort womöglich eine atomare Katastrophe herbeizuführen, wie wir es ganz aktuell aus Belgien hören. Der gesamte Sicherheitsapparat an Flughäfen weltweit existiert nicht wegen schwachköpfiger oder indoktrinierender evangelikaler Prediger, sondern wegen Jihadisten und dem radikalen Islam.

In anderem Kontext ist die Analyse und Kritik an evangelikalen Christen sicher sehr wichtig. Aber die gezielte Vermischung einer solche Analyse und Kritik angesichts von dutzenden zerfetzter Menschen in Brüssel ist nicht nur ungeheuerlich, sondern lässt nach den Motiven suchen. Und logisch durchdacht herrscht hier ein antijüdisches Ressentiment vor, da zeitlich das Judentum den revolutionären Gedanken des einen Gottes gleichsam erfunden hat. Das wird diffamiert und da sind wir bei Sloterdijk und weiten Teilen des kulturellen wie wissenschaftlichen Establishments.

Wer das antimonotheistische Ressentiment des Spiegel zu Ende denkt, kommt unweigerlich auf das Judentum. Der radikal neue Gedanke eines einzigen Gottes war weltgeschichtlich von ungeheurer Bedeutung, weg von der Naturidolatrie der Antike und hin zum geistvollen Nachdenken über Mensch und Gott. Man muss gar nicht gläubig sein, um diesen welthistorischen Bruch oder die Bedeutung des geschriebenen Gesetzes im Judentum in seiner revolutionären, befreienden Natur zu erkennen.

Die Motivation jedoch, gerade angesichts der zerfetzten Menschen von Brüssel vom bösen Judentum zu reden – das der religiöse Ursprung des Christentums ist –, die könnte gerade zu Ostern antijüdischer kaum sein.

 

Für sachdienliche Hinweise ein herzliches Dankeschön an Michael Kreutz.

„Was erlauben Strunz?“ – Von Israel lernen beim Kampf gegen den Jihad!

Eine der wirklich ganz wenigen Stimmen im medialen Mainstream mit einer klaren Message gegen Jihad und Islamismus war am Morgen nach den islamistischen Massakern von Brüssel Claus Strunz im „Frühstücksfernsehen“ von Sat1. Der Journalist sagte:

„Die wichtigste Aufgabe des Staates ist es die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten. Deshalb müssen wir uns jetzt mehr an Israel orientieren als an unserer naiven Vorstellung vom friedlichen Miteinander der Kulturen. (…) Europa braucht endlich eine gemeinsame, konsequente Anti-Terror-Strategie nach israelischem Vorbild.“

Claus Strunz

Das ist eine einsame Stimme in diesem Land. Dabei muss man nicht alle von ihm angetippten Ideen wie einen Bundeswehreinsatz im Innern gutheißen, aber die Tendenz seines Statements ist exakt richtig. Die wie immer hilflos wirkenden Bekundungen von Bundesinnenminister Thomas de Maiziére wie auch Stellungnahmen von Kanzlerin Angela Merkel oder Moderatorinnen und Moderatoren der üblichen Sendungen zumal in ARD und ZDF wiegelten ab oder nannten das Problem nur selten beim Namen. Talkshowgäste bei „Hart aber Fair“ (besser bekannt als „Samtweich und Inhaltsleer“) wie Terry Reintke, B’90/Grüne, Mitglied des Europäischen Parlaments, fabulierten von der kulturellen Vielfalt Brüssels und wie gerne sie dort lebe. Der arme Stadtteil Molenbeek hätte „solche und solche“ Bewohner und dürfe unter keinen Umständen einem „Generalverdacht“ (den auch Bruno Schirra natürlich nicht aussprechen wollte) ausgesetzt sein. Sie gehe dort gerne hin, auf den Markt oder ein Konzert. Diese Derealisierung eines seit Jahren offenkundigen islamistischen Milieus, in dem gleich mehrere Jihadisten ihr Mordhandwerk völlig ungehindert ausüben konnten und können, ist beängstigend.

Noch krasser formulierte es eine Kollegin der EU-Parlamentarierin von der Grünen Jugend aus der Schweiz, Irina Studhalter. Auf Twitter schrieb sie unmittelbar nach den islamistischen Morden am 22.03.2016 um 10:09 Uhr:

„Ich habe Angst. Nicht vor dem Islam, nicht vor Terror – sondern vor der rechtspopulistischen Hetze, die folgen wird. #Brussels“

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Ayman Mazyek, ging noch einen Schritt weiter und machte den Islam zum Opfer des islamistischen Mordens, indem er eine Pressemitteilung nach den Massakern vom 13. November 2015 gestern wieder verwendete:

„(…) Diese Terroristen führen Krieg gegen die Menschlichkeit und damit auch direkt gegen den Islam.“

Diese Selbstviktimisierung läuft vielen in der Bundesrepublik runter wie Honig. Es hat sich seit dem 11. September 2001 nichts zum Guten geändert. Die Islam- und Nahostforschung ist weiter vernarrt in das Gerede vom bösen Westen und dem marginalisierten Süden der Erde. Das betrifft keineswegs nur fanatische PostkolonialistInnen, sondern fast den gesamten Mainstream der Forschung. Insbesondere der obsessive Israelhass ist Beweggrund für sehr viele, wegzuschauen, wenn es gegen Juden und Israel geht und wenn Muslime und Araber Täter sind. Am Sonntag liefen bis zu 5000 Flüchtlings“unterstützerInnen“, AktivistInnen, KünstlerInnen, TheatermacherInnen und andere Antisemiten durch Berlin-Kreuzberg und hatten kein Problem damit, die unübersehbaren antisemitischen Wägen und Transparente, die dort gezeigt wurden, an sich vorbei ziehen zu lassen, von den BewohnerInnen, die das auch ohne erkennbaren Protest zuließen, nicht zu schweigen. Das Zeigen von BDS-Transparenten bei gleichzeitigem Schweigen zu islamistischem Terror ist Ausdruck des Zeitgeistes seit der zweiten Intifada 2000 und dann vor allem seit 9/11. Besser als in diesem Cartoon kann man die politische Kultur der Bundesrepublik Deutschland und Europas gar nicht auf den Punkt bringen:

1558553_1134904883198493_2024306574322644767_n

Wie Sat1 und Claus Strunz plädiert auch der preisgekrönte israelische Journalist Yossi Melman dafür, dass Europa von Israel lernen solle. Wenn Israel es schafft, seinen Ben-Gurion Airport terrorsicher zu machen, müssen das viel größere europäische Flughäfen auch hinbekommen, ökonomisch ist das kein Problem, ja für viel größere Flughäfen sogar leichter machbar. Verdammt nur, es fehlt der Wille. Niemand möchte den Jihad bekämpfen. Das kostet nicht nur Geld und Kraft, sondern widerspricht der Wohlfühlidylle von Berlin-Kreuzberg und Brüssel-Molenbeek. Wir brauchen Taschenkontrollen an Flughäfen, Bahnhöfen, Einkaufszentren und vielen anderen Gebäuden und Plätzen.

Vor allem jedoch brauchen wir andere Curricula an Schulen und vor allem Universitäten. Jihad und Islamismus müssen Kernbestandteile der Ausbildung in vielen entsprechenden Studiengängen werden, nicht nur aber gerade in der Islam- und Nahostforschung.

Das Allerwichtigste ist aber die politische Kultur in diesem Land. Es muss klar sein, dass es ohne den Islam keinen Islamismus gäbe. Der Islam ist kein Opfer des Islamismus, wie Mazyek uns eintrichtern möchte. Sicher gibt es nicht-islamistische Muslime. Und nein, wir brauchen keine „interreligiösen Dialoge“ mehr. Wir brauchen keine öffentlich auftretenden, kopftuchtragenden Frauen, die uns erklären, wie friedliebend sie selbst, ihre Männer, Brüder, Väter und der Islam seien. Religion ist Privatsache und andere sollten mit dem Bekenntnisdrang von Musliminnen nicht belästigt werden. Was die Muslime und Musliminnen privat glauben oder nicht glauben ist völlig schnuppe, das ist Privatsache, ebenso bei Christen, Buddhisten, Naturreligiösen, Pantheisten etc. Das zu kapieren ist der erste Schritt hin zu einer säkularen Debatte. Moderate Muslime oder explizit anti-extremistische Muslime zu stärken, ist eine wichtige Aufgabe. Aber ohne eine Veränderung der politischen Kultur, die sich vehement gegen den Islamismus positioniert, ist das nicht möglich. Das ewige Drumrumgerede, wenn die Politik von „Terror“ spricht, wo es doch sehr spezifisch um islamistischen Terror oder Jihadismus geht, muss aufhören.

Wer den grünen Faschismus des Jihad nicht bekämpft, wird einen europäischen braunen Faschismus bekommen. Die Wahlerfolge von Front National oder AfD und vieler anderen extrem rechter Parteien in Europa, sind Alarmzeichen genug. Ein moderner Antifaschismus muss sich gegen Jihad und „biodeutschen“ Faschismus wenden, wobei nicht wenige Islamisten und Jihadisten ja „biodeutsche“ Konvertiten sind (was durchaus einen Unterschied zu Belgien oder Frankreich ausmacht, wo homegrown Jihadisten aus einem zumeist arabisch-muslimischen Milieu herkommen).

Es braucht eine demokratische Analyse und Kritik des Jihad und Islamismus, gerade auch des legalen Islamismus, der den Nährboden bereiten kann für den gewaltförmigen.

Sich den öffentlichen Raum zurück erobern heißt mehr Polizei und mehr Sicherheit, aber auch mehr öffentliche Diskussionen über die sehr spezifische Gefahr des Islamismus und des Jihad. Solange aber nicht nur in der Bundesrepublik lieber Israelhass, BDS und die Rückkehr eingebildeter Millionen palästinensischer Flüchtlinge auf der Agenda stehen, wird der Kampf gegen den Jihad nicht stattfinden.

Von Israel lernen, heißt islamistischen Jihad bekämpfen lernen. Doch Deutschland und Europa, vor allem die kulturellen Eliten und die Linken, ziehen dem Kampf gegen den Jihad den Hass auf Juden auf den Staat Israel vor. Das muss sich ändern.

„Was erlauben Strunz?“ – Von Israel lernen beim Kampf für die Demokratie, die westliche Lebensweise und gegen den Jihad!

Seite 12 von 18

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén

Cookie Consent mit Real Cookie Banner